§ 151.
Die Eröffnung einer gerichtlichen Untersuchung ist durch die Erhebung einer
Klage bedingt.
§ 152.
(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.
(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet,
wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende
tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.
§ 152a.
Landesgesetzliche Vorschriften über die Voraussetzungen, unter denen gegen
Mitglieder eines Organs der Gesetzgebung eine Strafverfolgung eingeleitet
oder fortgesetzt werden kann, sind auch für die anderen Länder der
Bundesrepublik Deutschland und den Bund wirksam.
§ 153.
(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die
Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens
zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters
als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung
besteht. Der Zustimmung des Gerichts bedarf es nicht bei einem Vergehen, das
gegen fremdes Vermögen gerichtet und nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten
Strafe bedroht ist, wenn der durch die Tat verursachte Schaden gering ist.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des
Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der
Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung
aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in
den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit
durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist
nicht anfechtbar.
§ 153a.
(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen
Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem
Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und
zugleich dem Beschuldigten auferlegen,
1. zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine
bestimmte Leistung zu erbringen,
2. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der
Staatskasse zu zahlen,
3. sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen oder
4. Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen, wenn diese
Auflagen und Weisungen geeignet sind, bei geringer Schuld das
öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen. Zur
Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem
Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 bis 3
höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 höchstens ein
Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen
nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei
Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch
Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der
Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als
Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und
Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung
erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren bis zum Ende der
Hauptverhandlung, in der die tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft
werden können, vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in
Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz
2 bis 5 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch
Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine
Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt
worden sind.
(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen
gesetzten Frist ruht die Verjährung.
§ 153b.
(1) Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen das Gericht von Strafe
absehen könnte, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts,
das für die Hauptverhandlung zuständig wäre, von der Erhebung der
öffentlichen Klage absehen.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht bis zum Beginn der
Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des
Angeschuldigten das Verfahren einstellen.
§ 153c.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung von Straftaten absehen,
1. die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes
begangen sind oder die ein Teilnehmer an einer außerhalb des räumlichen
Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangenen Handlung in diesem Bereich
begangen hat,
2. die ein Ausländer im Inland auf einem ausländischen Schiff oder
Luftfahrzeug begangen hat,
3. wenn wegen der Tat im Ausland schon eine Strafe gegen den
Beschuldigten vollstreckt worden ist und die im Inland zu erwartende
Strafe nach Anrechnung der ausländischen nicht ins Gewicht fiele oder
der Beschuldigte wegen der Tat im Ausland rechtskräftig freigesprochen
worden ist.
(2) Die Staatsanwaltschaft kann auch von der Verfolgung von Straftaten
absehen, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine
außerhalb dieses Bereichs ausgeübte Tätigkeit begangen sind, wenn die
Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die
Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung
sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
(3) Ist die Klage bereits erhoben, so kann die Staatsanwaltschaft in den
Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und des Absatzes 2 die Klage in jeder Lage
des Verfahrens zurücknehmen und das Verfahren einstellen, wenn die
Durchführung des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die
Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung
sonstige überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
(4) Hat das Verfahren Straftaten der in § 74a Abs. 1 Nr. 2 bis 6 und § 120
Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art zum
Gegenstand, so stehen diese Befugnisse dem Generalbundesanwalt zu.
§ 153d.
(1) Der Generalbundesanwalt kann von der Verfolgung von Straftaten der in §
74a Abs. 1 Nr. 2 bis 6 und in § 120 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des
Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art absehen, wenn die Durchführung
des Verfahrens die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik
Deutschland herbeiführen würde oder wenn der Verfolgung sonstige
überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann der Generalbundesanwalt unter den
in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen die Klage in jeder Lage des
Verfahrens zurücknehmen und das Verfahren einstellen.
§ 153e.
(1) Hat das Verfahren Straftaten der in § 74a Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und in §
120 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art zum
Gegenstand, so kann der Generalbundesanwalt mit Zustimmung des nach § 120
des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgerichts von der
Verfolgung einer solchen Tat absehen, wenn der Täter nach der Tat, bevor ihm
deren Entdeckung bekanntgeworden ist, dazu beigetragen hat, eine Gefahr für
den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die
verfassungsmäßige Ordnung abzuwenden. Dasselbe gilt, wenn der Täter einen
solchen Beitrag dadurch geleistet hat, daß er nach der Tat sein mit ihr
zusammenhängendes Wissen über Bestrebungen des Hochverrats, der Gefährdung
des demokratischen Rechtsstaates oder des Landesverrats und der Gefährdung
der äußeren Sicherheit einer Dienststelle offenbart hat.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das nach § 120 des
Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht mit Zustimmung des
Generalbundesanwalts das Verfahren unter den in Absatz 1 bezeichneten
Voraussetzungen einstellen.
§ 154.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu,
der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der
Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen
Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen
Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2. darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener
Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der
Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig
verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung
ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf
Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig
einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits
rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung
vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung
eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte
Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu
erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig
eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung
eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen
Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur
Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
§ 154a.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren
Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und
Sicherung oder
2. neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die
gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt
worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht
beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile
der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154
Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu
machen.
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des
Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer
Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem
Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden
ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4
entsprechend anzuwenden.
§ 154b.
(1) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann abgesehen werden, wenn der
Beschuldigte wegen der Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert wird.
(2) Dasselbe gilt, wenn er wegen einer anderen Tat einer ausländischen
Regierung ausgeliefert wird und die Strafe oder die Maßregel der Besserung
und Sicherung, zu der die inländische Verfolgung führen kann, neben der
Strafe oder der Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen ihn im
Ausland rechtskräftig verhängt worden ist oder die er im Ausland zu erwarten
hat, nicht ins Gewicht fällt.
(3) Von der Erhebung der öffentlichen Klage kann auch abgesehen werden, wenn
der Beschuldigte aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgewiesen
wird.
(4) Ist in den Fällen der Absätze 1 bis 3 die öffentliche Klage bereits
erhoben, so stellt das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das
Verfahren vorläufig ein. § 154 Abs. 3 bis 5 gilt mit der Maßgabe
entsprechend, daß die Frist in Absatz 4 ein Jahr beträgt.
§ 154c.
Ist eine Nötigung oder Erpressung (§§ 240, 253 des Strafgesetzbuches) durch
die Drohung begangen worden, eine Straftat zu offenbaren, so kann die
Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Tat, deren Offenbarung angedroht
worden ist, absehen, wenn nicht wegen der Schwere der Tat eine Sühne
unerläßlich ist.
§ 154d.
Hängt die Erhebung der öffentlichen Klage wegen eines Vergehens von der
Beurteilung einer Frage ab, die nach bürgerlichem Recht oder nach
Verwaltungsrecht zu beurteilen ist, so kann die Staatsanwaltschaft zur
Austragung der Frage im bürgerlichen Streitverfahren oder im
Verwaltungsstreitverfahren eine Frist bestimmen. Hiervon ist der Anzeigende
zu benachrichtigen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die
Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen.
§ 154e.
(1) Von der Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer falschen
Verdächtigung oder Beleidigung (§§ 164, 185 bis 187a des Strafgesetzbuches)
soll abgesehen werden, solange wegen der angezeigten oder behaupteten
Handlung ein Straf- oder Disziplinarverfahren anhängig ist.
(2) Ist die öffentliche Klage oder eine Privatklage bereits erhoben, so
stellt das Gericht das Verfahren bis zum Abschluß des Straf- oder
Disziplinarverfahrens wegen der angezeigten oder behaupteten Handlung ein.
(3) Bis zum Abschluß des Straf- oder Disziplinarverfahrens wegen der
angezeigten oder behaupteten Handlung ruht die Verjährung der Verfolgung der
falschen Verdächtigung oder Beleidigung.
§ 155.
(1) Die Untersuchung und Entscheidung erstreckt sich nur auf die in der
Klage bezeichnete Tat und auf die durch die Klage beschuldigten Personen.
(2) Innerhalb dieser Grenzen sind die Gerichte zu einer selbständigen
Tätigkeit berechtigt und verpflichtet; insbesondere sind sie bei Anwendung
des Strafgesetzes an die gestellten Anträge nicht gebunden.
§ 156.
Die öffentliche Klage kann nach Eröffnung des Hauptverfahrens nicht
zurückgenommen werden.
§ 157.
Im Sinne dieses Gesetzes ist Angeschuldigter der Beschuldigte, gegen den die
öffentliche Klage erhoben ist, Angeklagter der Beschuldigte oder
Angeschuldigte, gegen den die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen ist.
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